Entmündigung

Der Staat ist eine relativ junge Form der Machtausübung, die aus der Erbmasse zerfallener Reiche und aus der Ratlosigkeit nachfolgender Anarchie gewachsen ist. Zwei Werke gelten als Grundsteine der Staatsform: Der Fürst (1513) von Niccolo Machiavelli, und Das Panopticon (1787) von Jeremy Bentham. Der erste Werk erklärt die Macht zum Selbstzweck, und negiert Moral und Rücksicht der Machthaber. Der zweite Werk postuliert eine totale Macht. Der Staat wurde als ein Gefängnis konzipiert, in dem ein beliebiges Staatsvolk lebt, das ihrem Machtinhaber untersteht und ihm gehört. Während eine volljährige Person die Fähigkeit erwirbt, für sich zu sprechen und gerade zu stehen, hat der Staatsbürger dieses Privileg nicht. Das Staatsvolk ist unmündig oder mundtot infolge seiner Entmündigung oder Bevormundung durch den Staat und seine treue Diener in ihrer Funktion als Gefängniswärter. Die politischen Parteien wurden vom Staat kreiert und eingesetzt, um das Volk zu teilen und über ihn zu herrschen. Die Wahlen dienen gleichfalls dem Zweck, das Staatsvolk zu entmündigen und seine Willensäußerung zu dämpfen. Lehrer, Ärzte, Berichterstatter, Bankangestellte, Arbeitgeber, Richter, Rechtsanwälte und viele andere - sie alle erfüllen ihre Pflicht: eine totale Kontrolle über mündige Personen auszuüben, sie zu entmündigen oder zum Schweigen zu bringen. Es erübrigt sich zu sagen, daß die Gesetze eines Rechtsstaates nichts anderes sind als die Verordnungen, welche für die Häftlinge erlassen werden. Es regt sich kaum Widerstand dagegen, da die Gefängnisinsassen an ihr Zustand gewöhnt sind, und sich kaum einen anderen wünschen oder vorstellen können. Die Situation wurde bereits in der Antike von dem griechischen Philosophen Platon in seinem Höhlengleichnis beschrieben.

Leseempfehlung zum Thema:
1. Über das Verhältnis zwischen Individuum und Staat: A. Poleev. Die Burg. Enzymes, 2009.
2. Die Suche nach Auswegen aus dem Staatismus: Gian Piero de Bellis. Polyarchie, 2003.
3.  Peter Krämer. Die Entmündigung: Ein Plädoyer für die Freiheit, 2012.


Platzt die Republik?


Nachwort zu Rede von Bundespräsident Heinz Fischer anlässlich des Gedenkens an Österreichs "Anschluss" an Hitler-Deutschland vor 75 Jahren.


Die Menschen sind sonderbare Wesen: Sie bilden sich ein und tun so, als ob jemand über sie stehen würde, der alles Geschehene, unter anderem ihre Schicksale, geleitet und bestimmt. Diese Verwaltungsphantasmagorie könnte nur infolge irrtümlicher Weltvorstellungen entstehen. Im Grunde genommen, sind die Menschen sich selbst überlassen, und werden von ihren Trug- und Irrbilder, die sie selbst erschaffen, geleitet. Ihre Freiheit erweist sich als Willkür, und ihre übrigen Bestrebungen als Sexualtrieb.

Sigmund Freud, der im Begriff war, diesen Selbstbetrug aufzudecken, mußte am Ende seines Lebens fluchten, um nicht von Wahnsinnigen erschlagen zu werden. Die Lüge hat sich damals durchgesetzt, und die Wahrheit wurde zum Schweigen gebracht. 

Heute geht man mit der Wahrheit nicht anders um, als vor 75 Jahren. Das blöde und gemeine Volk nimmt sich Freiheit, seine unverschämten Dummheiten auszusprechen und sie in die Realität umzusetzen. Kaum jemand widerspricht - weswegen denn, wenn schon das Widersprechen mit der psychischen Krankheit gleichgesetzt wird. Wie damals sind die Intellektuellen fehl am Platz der Republik, wo ganz andere Geschöpfe Ton angeben: Merkel, Gauck, Schröder, Oswald... Die Liste ist lang. Selbstsicher agieren sie im Namen des Volkes, unterschreiben Verträge, Gesetze und Verordnungen. Aber ihre Unterschriften sind ungültig aufgrund ihrer Unzurechnungsfähigkeit. Was sie von sich geben ist Blödsinn, dennoch wird dieser Blödsinn tausendfach wiederholt und über Massenmedien verbreitet - die vergeblichen Versuche, den Blödsinn zu verewigen und der Vernunft ihr Vorrecht abzusprechen.

Nun kehrt ins Irrenhaus Deutschland plötzlich und unerwartet ein Arzt zurück, der seine Diagnosen stellt und über Genesung spricht:

„Der Mensch erscheint in der Geschichte nicht seitdem er die Werkzeuge und das Feuer nutzt, sondern nachdem er den Unterschied zwischen Recht und Unrecht, Gut und Böse, richtig und falsch begreift. Der Mensch tritt in die Geschichte ein, und der Hauptgrund seines Auftretens und Erscheinens besteht darin, eine neue Geschichte zu beginnen, in der es kein Platz für Barbarei gibt. Wenn seine Vorgeschichte sich durch Krieg, Folter und Irrglaube auszeichnet, und als eine Krankheit zu bewerten ist, dann fängt seine Genesungsgeschichte erst an. 

Schon ein einziges Individuum mit gesundem Menschenverstand kann viel bewirken, indem er seine Gesundheit in die Öffentlichkeit trägt, um allen anderen zu beweisen und sie davon zu überzeugen, daß die Genesung und Heilung möglich sind.“